Wilhelma bereitet sich auf erstmalige Gepardenzucht vor
Geparden sind in der Natur immer stärker bedroht. Deshalb stellt die Wilhelma in Stuttgart die Weichen, um die anspruchsvolle Zucht der eleganten Raubkatzen aufnehmen zu können. Zwei Kater sind zum Jahresende eingetroffen. Nach der Quarantänezeit darf das Brüderpaar aus Frankreich jetzt ins Außengehege und ist damit erstmals für das Publikum zu sehen. Zudem ist die Wilhelma im Gespräch mit dem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) der Zoos, um ein passendes Weibchen zu finden, das nach Umbauarbeiten noch in diesem Jahr hinzustoßen soll.
Geparden hält der Zoologisch-Botanische Garten fast auf den Tag genau seit 40 Jahren, als Kater „Marco“ aus Pretoria in Südafrika im Februar 1980 den Anfang machte. Doch zu Nachwuchs war es trotz wechselnder Besetzung nie gekommen. Geparden galten in Zoos generell lange Zeit als unzüchtbar. „Heute weiß man, dass die Katze und der Kater getrennt zu halten sind, damit sie sich nicht verschwistern und das Interesse aneinander nicht verlieren“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Deshalb nutzen wir unsere aktuellen Möglichkeiten, um uns dafür neu aufzustellen.“ 2019 waren mit einem halben Jahr Abstand die beiden alten Wilhelma-Geparden Twist und Tana mit 14 beziehungsweise 16,5 Jahren gestorben. „Dass die Anlage damit leer stand, hat uns gestattet, ihr Gehege neben dem Aussichtspavillon Belvedere aufzumöbeln“, erklärt die Raubtier-Kuratorin Dr. Ulrike Rademacher. Der Boden wurde ausgetauscht, neuer Rasen gelegt sowie mit Felsbrocken und Stämmen die Gestaltung aufgefrischt. Dieses Gehege konnten die anderthalbjährigen Haraka und Zawadi aus dem Zoo La Boissière du Doré bei Nantes heute in Besitz nehmen.
Bei der Suche nach dem zweiten benötigten Standort fiel die Wahl auf das ehemalige Eisbärengehege. Seit dem Tod der mit 28 Jahren hochbetagten Eisbärin Corinna 2018 gab es intensive Planspiele zu der künftigen Nutzung dieses Ortes. „Die Gesamtanlage für Bären und Klettertiere von 1991 ist wie eine in Beton gegossene Festung“, sagt Kölpin. „Wir könnten sie nicht ohne gewaltigen Aufwand so anpassen, dass hieraus ein modernes, auf längere Sicht zukunftsfähiges Gehege für Eisbären entstände. Daher setzen wir die Eisbärenhaltung bis auf weiteres aus.“ Der Umbau für Geparden ist hingegen ohne Betonarbeiten möglich und wird derzeit vorbereitet. Hier geht es vor allem darum, das große Wasserbecken mit Erdreich aufzufüllen sowie den Katzen Klettermöglichkeiten und erhöhte Liegeflächen zu schaffen. „Manche Gäste wird es überraschen, dass wir eine Tierart an zwei Stellen in der Wilhelma halten“, so der Direktor, „aber wenn die Zucht die Chance eröffnet, diese schützenswerte Art am Leben zu erhalten, sollten sie sich überzeugen lassen. Der Wechsel vom Eisbären als größtem Landraubtier zum schnellsten Landraubtier der Welt kann durchaus attraktiv sein.“
Auch zoologisch ist er sinnvoll: Der rasante Gepard droht den Wettlauf mit der Ausrottung zu verlieren. Im Konflikt zwischen Mensch und Raubkatze um gemeinsame Lebensräume zieht er den Kürzeren. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts ist sein Bestand um mehr als 85 Prozent auf schätzungsweise 6700 Tiere gesunken und beträgt somit nur etwa ein Drittel der Zahl der ebenfalls gefährdeten Eisbären. (kni)
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